Accrochage #3

PRESSETEXT


Enrico Bach
Francis Berrar
Axel Geis
Gregor Hildebrandt
Tanja Huberti
Simon Kloppenburg
Khrystyna Rymsha-Davidov
Ralf Werner

Accrochage #3

Galerie ohne feste Bleibe
Kuratiert von Silke Immenga
8.-23. November 2014

„Accrochage, [frz. von accrocher‚ ‚auf-, anhängen‘ ], die, in Frankreich spätestens seit den 60er Jahren des 20. Jh. für die Hängung von Bildern in Mus. gebräuchl. Ausdruck, der in die internationale Galeristensprache eingegangen ist i. S. von Ausstellungen eigener Bestände von Privatgal., meist Werke versch. Künstler.......“ (Der Kunstbrockhaus, Band 1)

Accrochage # 3 ist die dritte Kunstaustellung in der Galerie ohne feste Bleibe und knüpft an die Ausstellungen von 2012 und 2013 an, die in den Räumen des ehemaligen Drogeriemarktes „Schlecker“ in St. Arnual und im ehemaligen Canapé im Nauwieser Viertel stattfanden. (siehe Berichterstattung der SZ 8.11.2012 und 14.11.2013) Die Galerie ohne feste Bleibe versteht sich als Zwischennutzungsprojekt, um Leerstand zu vermeiden. Dieses Jahr findet die Schau in einer großzügigen alten Industriehalle statt, dem Atelier 26 in Überherrn. Abermals wurden die Räume so belassen wie vorgefunden, um sie nach Ausstellungsende dem Vermieter wieder zu übergeben. Der Ausstellungstitel weist darauf hin, daß es sich weder um eine Themen- noch um eine Einzelausstellung handelt. Es werden 8 zeitgenössische Künstler/Innen gezeigt, die teils international, teils regional bzw. in Saarbrücken arbeiten. Wiederum werden mit Malerei, Zeichnung und Skulptur unterschiedliche Kunstgattungen ausgestellt.

Enrico Bach (*1980, Leipzig) widmet sich ganz einer konstruktiv-geometrischen Bildsprache und verschreibt sich ausschließlich der Malerei. Leuchtende, strahlende Farben sind glatt ohne erkennbaren Pinselduktus aufgetragen. Saubere, abgegrenzte Flächen markieren die Farbfelder. Seine Bilder zeigen komplexe Formengefüge mit einer vorgetäuschten Dreidimensionalität. Farbfelder öffnen sich scheinbar zur Leinwand oder zum Betrachter. Farbbahnen verlaufen auf verschiedenen Bildebenen und täuschen die menschliche Wahrnehmung. Der Künstler überträgt die Trompe-l‘œil Malerei des Barock in die Moderne und führt diese zur Perfektion in einer zeitgemäßen Manier.

Francis Berrar (*1954 Überherrn) beschäftigt sich in den ausgestellten Werken mit der Autonomie der Malerei. In seinem umfangreichen Werk der letzten 30 Jahre widmete er sich verschiedenen Werkzyklen, die in unterschiedlichen Techniken, wie Zeichnungen, Collage und bearbeitete Fotografie und Fotokopie ihren Ausdruck finden. Im Vordergrund steht die Selbstreferentialität der künstlerischen Mittel. Immer wieder neu und mit unterschiedlichen Ansätzen erkundet Berrar den fiktiven Bildraum. Sternenförmige Gebilde schweben vor einem farblich ausdifferenzierten Bildhintergrund und eröffnen ebenso einen imaginativen Bildraum wie bei seinen Linienbildern. Das Vorhangmotiv gibt hinter den Linien einen weiteren Bildraum frei.

Axel Geis (*1970 Limburg/ Lahn) ist ein in Berlin lebender figurativer Maler. Seine Bilder haben überwiegend das Menschenbild zum Thema und beziehen sich oftmals auf alte Meister der Kunstgeschichte. So basieren die Bildmotive auf vorgefundenem Bildmaterial, das sowohl aus seinem privaten Fundus wie etwa Fotoalben stammen kann oder berühmte Bilder der Kunstgeschichte aufgreift. Aber auch Standbilder aus bekannten Filmen fungieren als Vorbilder für seine Werke. Durch den Transformationsprozess in die Malerei erhalten die Bildwerke eine ganz eigene, genuine Wirklichkeit. Die Motive werden entindividualisiert, aus dem Kontext gelöst und mit reduzierter Farbpalette in skizzenhafter Malweise ausgeführt. Möglicherweise hat das fertige Werk am Ende wenig mit dem Vorbild gemeinsam, aber, wie der Künstler selbst sagt, „ist es wichtig, daß es das Vorbild gibt“.

Gregor Hildebrandt (*1974, Bad Homburg) Der in Berlin lebende Künstler wählt für seine Kunstwerke ein äußerst ungewöhnliches Material. Um seine Skulpturen, Bilder und Rauminstallationen zu realisieren, benutzt er Bänder von Audio- und Videokassetten. Dabei spielt nicht nur der formal-ästhetische Aspekt eine Rolle, sondern auch der ursprüngliche Inhalt, wie Musik oder Film. Kassettenbänder werden in mühsamer Handarbeit sorgfältig auf den Bildgrund geklebt oder als große Rauminstallation in den Raum gehängt. Hildebrandt bezieht mit seinen bildgewordenen Tonträgern eine Gegenposition zur Malerei und bewegt sich zwischen Pop und Minimal Art.

Tanja Huberti, (*1972, Neumünster), Studentin an der HBK Saar, beschäftigt sich mit Malerei und Zeichnung sowie mit den vielfältigen Möglichkeiten der Graphik. Als Vorlage für ihre Zeichnungen oder Leinwandarbeiten dient oft von der Künstlerin gefundenes anonymes Fotomaterial. Das künstlerische Endergebnis hat sich durch Verfremdung weit vom ursprünglichen Vorbild entfernt. Die meist auf schwarz-weiß reduzierten Werke verleihen den Werken eine ganz eigene, manchmal auch rätselhafte Wirkung. Oftmals werden Alterungsspuren bzw. wird die Patina des Fotomaterials in das Werk übertragen. Ein weiterer Schwerpunkt ihrer künstlerischen Arbeit bilden neue malerische Techniken sowie eine Experimentierfreudigkeit mit neuen Farbstoffen.

Simon Kloppenburg (*1983, Rendsburg), Meisterschüler der Klasse Prof. Gabriele Langendorf an der HBK Saar, arbeitet als Künstler in den unterschiedlichsten Medien, wie Zeichnungen, Installationen und Videos. Die Zeichnungen sind oftmals von Fotos aus dem privaten Umfeld des Künstlers inspiriert, wobei mehrere Fotos als Vorlage für eine zeichnerische Arbeit dienen können. Die großformatige Zeichnung „Sequence of Movements“ ist Teil einer mehrteiligen, großangelegten begehbaren Installation und zeigt einen Menschen aus unterschiedlichen Betrachterperspektiven. Immer wieder verwendet Kloppenburg als Zeichengrund mehrere Schichten alter Plakate, die manchmal auch als autonome als Skulptur fungieren können.

Khrystyna Rymsha-Davidov (*1984, Odessa) ist Studentin der HBK Saar. Die Künstlerin setzt sich hauptsächlich mit dem Medium der Zeichnung auseinander. Ihre im Zeichenprozess entstehenden abstrakten Musterungen gleichen biomorphen Formen aus der Natur. Die Werke entstehen ohne Vorzeichnung direkt im unmittelbaren Zeichenprozeß. Auf unterschiedlichen Formaten und in verschiedenen Farben wird immer wieder das gleiche Gestaltungselement aufgegriffen: eine sich verdickende Linie, die um einen kleinen Kern beginnt und sich über die Fläche ausweitet. Der Farbverlauf wird kalkuliert in die Gesamtkomposition eingefügt.

Ralf Werner (*1969, Göppingen) arbeitet als Künstler im Bereich Rauminstallation, Architektur, Skulptur und Installation. Seit 2009 ist er Professor für Bildnerische Grundlagen an der HBK Saar in Saarbrücken. Die Skulptur „Urbino Overdrive“ zeigt drei auf dem Boden arrangierte Intarsienarbeiten und hat Renaissanceintarsien des 16. Jahrhundert aus Urbino zum Vorbild. Die Ornamente sind jedoch nicht wie im Original als strenge Isometrien wiedergegeben, sondern perspektivisch verzerrt. Die Arbeit „Laterna Melnikow“ im kleinen Raum gegenüber der Ausstellungshalle wird hier erstmals der Öffentlichkeit gezeigt. Zwei Episkope erzeugen mittels einer Apparatur bewegte Bilder, die sich auf ein Bauwerk des russischen Avantgardearchitekten Konstantin Melnikow (1890-1974) beziehen.

© 2014 Accrochage - Silke Immenga